Der vorliegende Beitrag zeigt anhand eines Beispielsfalls, welche Schwierigkeiten bestehen, wenn der Schuldner die einem Gläubigerantrag zugrunde liegende Forderung erfüllt und der Gläubiger vom sog. Weiterlaufenlassen Gebrauch macht. Bleibt der Gläubigerantrag nur dann zulässig, wenn trotz Erfüllung weiterhin ein Insolvenzeröffnungsgrund glaubhaft gemacht ist? Und wann besteht ein rechtliches Interesse an der Eröffnung? Nicht nur für rechtliche Laien ist der Zweck der Norm schwer nachzuvollziehen.
Der weite Wortlaut des § 14 Abs. 1 Satz 2 InsO rechtfertigt auch eine Auslegung, wonach das einmal vorhandene rechtliche Interesse an der Verfahrenseröffnung durch die Erfüllung nicht beeinträchtigt wird. Der Beitrag wird zeigen, dass diese Auslegung mit dem Zweck der Norm und der Gesetzgebungshistorie jedoch nicht zu vereinbaren ist. Das rechtliche Interesse an der Eröffnung setzt nach der Erfüllung daher voraus, dass der Schuldner noch weitere Verbindlichkeiten gegen den Gläubiger begründen kann, ohne dass der Gläubiger dies einseitig verhindern kann. Beim Fiskus dürfte dies stets der Fall sein. Bei Sozialversicherungsträgern ist dies dann der Fall, wenn der Schuldner seinen Betrieb fortführt und Versicherte beschäftigt. Bei anderen Dauerschuldverhältnissen liegt das rechtliche Interesse nur dann vor, wenn der Gläubiger kein außerordentliches fristloses Kündigungsrecht hat. Bei § 14 Abs. 1 Satz 2 InsO handelt es sich deshalb nicht etwa um ein Sonderrecht für den Fiskus und für die Sozialversicherungsträger, wenngleich die Norm für andere Gläubiger kaum einmal praxisrelevant wird.