In Deutschland gelten rund 7 Millionen Menschen als zahlungsunfähig. Die Überschuldung der privaten Haushalte ist zu einem gesellschaftspolitischen Problem ersten Ranges geworden. Für die nächsten Jahre wird angesichts der durch die Bankenkrise verursachten wirtschaftlichen Schieflage ein dramatischer Anstieg der Privatinsolvenzen prognostiziert. Damit erfährt das Thema „Schulden, Armut, Netzwerke: historische Zusammenhänge – gegenwärtige Herausforderungen“ eine herausragende sozialpolitische Bedeutung. Die Gründe für die ständig steigende Schuldenlast in der Bevölkerung wie insbesondere der Eintritt von Arbeitslosigkeit, das Scheitern einer Paarbeziehung oder gesundheitliche Probleme sind zwar hinlänglich bekannt, doch werden die darüber hinausreichende Komplexität der Armut und die damit verbundenen Folgen zumeist vernachlässigt. Die Ursachen finanzieller Schwierigkeiten und Abhängigkeiten beginnen häufig bereits in der Phase der Adoleszenz. Mit dem Eintritt in das Erwachsenenalter müssen junge Menschen vollständig autonom am Finanzmarkt agieren und sind nicht selten mit elementaren monetären Entscheidungssituationen konfrontiert. Um sich in dem zunehmend komplexer werdenden Finanzsystem orientieren zu können, benötigen Jugendliche, aber auch Erwachsene, ein geeignetes Maß an finanzieller Handlungskompetenz. Diese wird unter anderem von Faktoren des sozialen Netzwerks, wie z.B. dem Ausmaß an sozialer Unterstützung determiniert. Betrachtet man die Ursachen der Verschuldung, wird deutlich, dass an den Umstand der Zahlungsunfähigkeit nicht nur in einem juristisch-administrativen Sinne herangetreten werden kann. Vielmehr ist neben der Beziehung zu den Gläubigern auch das soziale Umfeld der Schuldner tangiert. Die Bedeutung der psycho-sozialen Bedingungen tritt neben die ökonomische Zwangslage.