ZVI 2018, 297

RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH, Köln RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH, Köln 1619-3741 Zeitschrift für Verbraucher- und Privat-Insolvenzrecht ZVI 2018 EditorialThomas Reck

Früher war alles besser…

…unter anderem die Zinsen. Waren Insolvenzverwalter in der Vergangenheit gern gesehene Kunden bei der Bank, da sie hohe Beträge über lange Laufzeiten angelegt haben, hat sich diese Sichtweise gewandelt. Im Urteil vom 26. 4. 2014 (ZVI 2014, 377) gab der BGH dem Insolvenzverwalter noch die Verpflichtung zur zinsgünstigen Anlage der von ihm vereinnahmten Gelder auf. Angesichts der Zinsentwicklung ist das nur deswegen verständlich, weil die Entscheidung in tatsächlicher Hinsicht den Zeitraum 2008 bis 2011 betraf.
Heute stellt sich für den Insolvenzverwalter eher die Frage, wo er noch kostenfrei, ohne Gebühren oder gar Strafzinsen Geld anlegen kann. Eine freie Entscheidung darüber ist ihm faktisch nicht möglich, da er anderenfalls mit einer Beanstandung durch das Insolvenzgericht rechnen muss. An dieser Stelle zeigt sich eine kaum erklärliche Eigenart des gelegentlich anzutreffenden Umganges mit gerichtlich bestellten Personen: Nach dem Ausdruck des Vertrauens durch die Bestellung selbst wird die Einschätzung mitunter durch mehr oder weniger tiefes Misstrauen und den latenten Verdacht, sich selbst oder Dritte bereichern zu wollen, ersetzt.
Das ist schon beim Konto nicht plausibel erklärbar. Der Schuldner hat für sein Konto bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens schließlich auch ein Entgelt geschuldet oder muss sein P-Konto natürlich auch über die Eröffnung hinaus bezahlen. Weshalb das Konto, auf dem die Insolvenzmasse angesammelt wird, nichts kosten darf oder soll, bleibt im Dunkeln. Das kann jedenfalls in Stundungsverfahren natürlich mit fiskalischem Denken gerechtfertigt werden, da es nicht ausgeschlossen ist, dass auf dem Konto weniger eingeht als es die Bank für ihre Dienste verlangt. Es zählt aber sicherlich nicht zu den Aufgaben des Insolvenzverwalters, eine Belastung öffentlicher Kassen mit Mehrausgaben durch kostenpflichtige Kontoführung als Folge der Zinsentwicklung zu verhindern. Bei genauer Betrachtung ist die Zuständigkeit des Insolvenzgerichts für diese Frage selbst innerhalb eines laufenden Verfahrens ohnehin begrenzt, da sie ausweislich der beiden Alternativen in § 149 InsO mit der Beschlussfassung des Gläubigerausschusses oder der Gläubigerversammlung entfällt.
Letztlich ist das nur ein Beispiel für manchmal kaum noch überschaubare Regelungen und Vorgaben der Insolvenzgerichte. Als Insolvenzverwalter kann man dagegen wenig ausrichten. Die Mitteilungen erfolgen üblicherweise nicht in Form rechtsmittelfähiger Entscheidungen. Wie festzustellen ist, nehmen Insolvenzverwalter auf der Ebene vieles hin, das mit der Aussage, man sei schließlich Dienstleister, akzeptiert wird. In anderen Branchen würde der Dienstleister indes wohl eher manchmal das Weite suchen.
So hält sich auch nach wie vor hartnäckig die Vorstellung, dass der Treuhänder in der Wohlverhaltensperiode die Lebensführung des Schuldners zu überwachen hat, auch wenn er nicht nach § 292 InsO beauftragt ist. Gleichwohl gibt es immer noch eine verbreitete Erwartung, dass der Treuhänder regelmäßig die Einkommensverhältnisse des Schuldners prüfen und das Gericht bei nicht erteilter Auskunft in Kenntnis setzen soll. Nach ergebnisloser Anfrage des Gerichts beim Schuldner wird dann über eine Stundungsaufhebung die Versagung der Restschuldbefreiung ZVI 2018, 298nach § 298 InsO herbeigeführt. Das hat in der Sache schon fast den Charakter einer Bestrafungsaktion: Unbenannte Sperrfristen für Insolvenz- und Stundungsanträge gibt es nicht mehr (BGH ZVI 2017, 299), aber der Schuldner ist dann mehrere Jahre umsonst durch das erste Verfahren mit anschließender Wohlverhaltensperiode gegangen. Nachvollziehbar ist das nicht, nachdem der Schuldner mangels Sperrfrist sofort den nächsten Insolvenzantrag stellen kann, in dem dann auch die Kosten des ersten Verfahrens eine Insolvenzforderung darstellen.
Der Umfang der Einflussnahme des Gerichts auf Beteiligte in Insolvenzverfahren dürfte ohne Beispiel sein. Kein Richter käme auf die Idee, in einem Zivilprozess den Beteiligten genaueste Vorgabe zu machen, wie sie Schriftsätze einzureichen haben. Auch im Insolvenzverfahren sollte diese Erkenntnis eigentlich eine Selbstverständlichkeit darstellen, ergeben sich die entsprechenden Anforderungen doch aus der InsO in Verbindung mit der ZPO. Gleichwohl soll es dem Vernehmen nach Insolvenzverwalter geben, die Listen führen, in denen bis auf die Ebene einzelner Entscheider beim Gericht aufgelistet ist, wer welche Unterlagen gerne wie übersandt hätte.
Welchen Nutzen derartige Unterfangen haben könnten, bleibt indes unklar, da sie einen Vorteil für einen oder mehrere der Verfahrensbeteiligten nicht erkennen lassen.
Assessor Thomas Reck, Bremen

Verlagsadresse

RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG

Aachener Straße 222

50931 Köln

Postanschrift

RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG

Postfach 27 01 25

50508 Köln

Kontakt

T (0221) 400 88-99

F (0221) 400 88-77

info@rws-verlag.de

© 2024 RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG

Erweiterte Suche

Seminare

Rubriken

Veranstaltungsarten

Zeitraum

Bücher

Rechtsgebiete

Reihen



Zeitschriften

Aktuell