ZVI 2023, 188

RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG, Köln RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG, Köln 1619-3741 Zeitschrift für Verbraucher-, Privat- und Nachlassinsolvenz ZVI 2023 Literatur

Sudergat, Kontopfändung und P-Konto,

RWS Skript 365, 4. Aufl., 2022, RWS Verlag, 866 S., ISBN 978-3-8145-2365-1, 82 €
Die vorliegende Monografie von Sudergat erschien 2022 in 4., wesentlich erweiterter Auflage. Sie beschäftigt sich auf nun knapp 900 Seiten in 16 Kapiteln mit den Voraussetzungen und Rechtsfolgen einer Kontopfändung, den Wirkungen des Pfändungsschutzkontos (P-Konto) sowie der Drittschuldnerbearbeitung. Im Vergleich zur Vorauflage des Jahres 2013 mit etwa 460 Seiten hat sich der Umfang annähernd verdoppelt!
In den Kapiteln I. bis V. (S. 1 bis 220) werden die Grundlagen der vorgenannten Themen bearbeitet.
Die Ausführungen umfassen im ersten, sehr umfangreichen Kapitel (S. 1 bis 143) zunächst u. a. die allgemeinen Voraussetzungen des Kontopfändungsrechts (S. 18 ff.), die Parteien des Vollstreckungsverfahrens und das Zwangsvollstreckungsorgan (S. 33 ff.), die Ausführung (S. 36 ff.) und Wirkung einer Kontopfändung (S. 106 ff.). Daneben werden Sonderfälle wie die Pfändung von Nachlasskonten oder der Konflikt mit Abtretungen (S. 131 ff.), Arrest und Vorpfändung (S. 88 f.), die maßgeblichen Rechtsbehelfe (S. 123 ff.) sowie die vorläufige Kontopfändung nach der Europäischen Kontenpfändungsverordnung (EuKoPfVO, S. 93 ff.) thematisiert. Daneben legt Sudergat statistische Daten vor, die er bei Banken und Sparkassen, deren Verbänden, Dienstleistern und Softwareentwicklern sowie – überraschend – der Schufa Holding erhoben und ausgewertet hat (S. 2 bis 17). Dies umfasst Angaben zum allgemeinen Vorkommen und den Laufzeiten von Kontopfändungen, den gepfändeten Kontentypen, den Forderungshöhen, den Pfändungsgläubigern und -maßnahmen, dem Nutzen von Kontopfändungen für Gläubiger, den Kosten für die Pfändungssachbearbeitung und dem Bestand an P-Konten sowie dem Vorkommen der unterschiedlichen Freibeträge. Inbegriffen ist hier zur Einordnung auch der Vergleich des Verfassers mit weiteren vorliegenden Daten aus den Berichten der Bundesregierung zum „Girokonto für jedermann“, dem Schlussbericht des Instituts für Finanzdienstleistungen, Hamburg, zur Evaluierung des P-Kontos sowie aus Gesetzgebungsmaterialien.
Im zweiten Kapitel widmet sich Sudergat der Pfändung von Ansprüchen aus dem Girokonto als Kontokorrentkonto, insbesondere dem Umfang der Pfändung hinsichtlich der möglichen Konto-Salden (S. 149 ff.) einschließlich der Nebenrechte (bspw. Kontoauszüge, S. 159 ff.). Zudem beschäftigt sich der Verfasser auf den S. 163 ff. mit der Pfändung von Prepaid-Konten, Geldkarten (und der Girocard) sowie Kreditzusagen (Dispositions- und Überziehungskredit). Im dritten bis fünften Kapitel wird sodann die Pfändung von Darlehensansprüchen (S. 171 ff.), in einzelne Kontoformen (S. 173 ff.) und in sonstige Vermögenswerte bei Kreditinstituten (Wertpapierdepots, Genossenschaftsanteile, Schließfach, Freigabeansprüche bei Sicherheiten, S. 205 ff.) sowie von Kryptowährungen (S. 219 ff.) thematisiert.
Die Kapitel VI. bis XII. (S. 221 bis 705) widmen sich dann den (Neu-)Regelungen zur Kontopfändung und dem Kontopfändungsschutz. Ausgehend von den zahlreichen Reformunternehmungen und -versuchen (S. 221 ff.) bis zur geltenden Rechtslage stellt Sudergat die Regelungen zum P-Konto vor. Er beschreitet dabei den Weg von der Einrichtung eines P-Kontos bzw. Umwandlung eines Giro- bzw. Basiskontos in ein P-Konto (S. 233 ff.) hin zum grundlegenden Guthabenschutz bei Einzel- und Gemeinschaftskonten (S. 303 ff., 351 ff.). Hier behandelt der Verfasser auch die in der Praxis wichtigen Frage der sog. Kontoleihe (S. 346 ff.), das Moratorium nach § 900 ZPO (S. 416 ff.) und das Verbot der Auf- und Verrechnung nach § 901 ZPO (S. 416 ff.). Es folgen Ausführungen zu den Erhöhungsbeträgen (S. 449 ff.) und deren Nachweis durch Bescheinigung (S. 480 ff.). Hier geht der Verfasser bspw. auch eingehend auf die aktuelle Auslegungsstreitigkeit zu den „anderen Geldleistungen für Kinder“ ein (S. 468 ff., siehe hierzu Homann/Rein, ZVI 2022, 407). Sudergat beschreibt im Folgenden die zum Teil ebenfalls ganz neuen oder novellierten Regelungen zur Gutschrift von Nachzahlungen (§ 904 ZPO, S. 529 ff.) sowie zur Festsetzung von pfändungsfreien Beträgen (§§ 905, 906 ZPO, S. 542 ff., 555. ff.) bzw. der befristeten Unpfändbarkeit durch die Gerichte (§ 906 ZPO, S. 589 ff.). Es gefallen in diesem Zusammenhang die herausgestellten Auslegungsfragen zur kontobezogenen Wirkung der Beschlüsse nach den §§ 904, 905 ZPO sowie zu den Anforderungen an das Bemühen um eine Bescheinigung (S. 554 f.). Sudergats Appell hinsichtlich einer an Vernunftmaßstäben ausgerichteten Mitwirkungspflicht des Kontoinhabers und Schuldners vermag in der Allgemeinheit nicht zu überzeugen. Dieser Kapitelabschnitt schließt mit der Betrachtung der Pflichten des Kreditinstituts (§ 908 ZPO, S. 607 ff.), der Zulässigkeit der Datenweitergabe und den Löschungspflichten (§ 909 ZPO, S. 621 ff.), einem kurzen, wenngleich (zu Recht) kritischen Blick auf die Regelung zur Verwaltungsvollstreckung (§ 910 ZPO, S. 629 ff.) und einem Überblick über weitere Themenstellungen im Rahmen der Kontopfändung. Erwähnenswert sind hier die Ausführungen zur Beendigung einer Kontopfändung (S. 633 ff.) und zur Situation der „Konto-Pfändung“ im Fall der Insolvenz des Kontoinhabers (S. 653 ff.). Hier geht der Verfasser u. a. ausführlich auf die höchst aktuelle Problematik der Verstrickung des Kontoguthabens ein (S. 686 ff.).
In den abschließenden Kapitel XIII. bis XV. (S. 707 bis 789) beschäftigt sich Sudergat schließlich mit der Pfändungsbearbeitung bei Drittschuldnern (S. 707 ff.), der in der Praxis sehr streitigen Frage der Entgelte für die Pfändungsbearbeitung, Kontoführungsmodelle sowie Entgelte für einzelne Maßnahmen (S. 758 ff.), sowie den (meist nicht bestehenden) Kündigungsmöglichkeiten bei Eingang einer Pfändung, bei Umwandlung eines Kontos in ein P-Konto oder beim Debetsaldo auf einem P-Konto (S. 781 ff.). Der Band schließt ab mit einem Epilog, in dem Sudergat zusammenfassend zur Erkenntnis gelangt, dass „nach der Reform“ auch dieses Mal ein „vor der Reform“ zwingend bedeutet.
Sudergats Werk in vierter Auflage ist beachtlich. An diesem wird deutlich, dass nicht nur die Zahl der Kontopfändungen zugenommen hat, sondern auch die Regelungsdichte und der Bedarf an rechtswissenschaftlicher Literatur zur Auslegung der Normen. Hervorzuheben ist die statistische Grundlage des Werks, die einen aktuellen, wenn auch nicht immer allgemeingültigen Überblick über „die Praxis“ gibt. Sudergat geht, dies wird nicht nur in einer Einleitung und im Epilog deutlich, nicht mehr in den „Windmühlenkampf“ mit der Gegenseite, sondern sucht nun oft schuldnerschützende Lösungen, und regt die Bankenpraxis zu einer ebensolchen Verfahrensweise an. Dies gelingt meist. Auffällig ist dabei auch die grundlegende Aufarbeitung schuldnerfreundlicher Literatur. In den Details sind allerdings „Rückfälle“ zu beobachten (exemplarisch zur zentralen Entgeltproblematik seine Ausführungen in Rz. 2839).
Das vorliegende Werk ist in der Reihe der RWS-Skripte erschienen. Angesichts des Umfangs, der sich ganz erheblich von den allermeisten Skripten der Reihe unterscheidet, und der umfassend aufgearbeiteten Inhalte, erscheint diese Bezeichnung mittlerweile schlicht unpassend. Die Begrifflichkeit eines „Handbuchs“ mit der Funktionsbestimmung eines Praxis-Nachschlagewerks wäre insoweit richtiger – und ehrlicher gegenüber dem potentiellen Käufer. Störend für den Lesefluss des Rezensenten waren zum einen das heterogene Druckbild mit den (eingerückten und in kleinerer Schriftgröße) optisch hervorgehobenen Zitaten, Belegen oder nachrangigen Informationen. Zum anderen leidet Sudergats Buch unter den über den gesamten Inhalt in schöner Regelmäßigkeit auftauchenden Rechtschreib-, Grammatik- und Zeichensetzungsfehler. Trotz dieser „Schönheitsmakel“ – in der digitalen Ausgabe (E-Book bzw. in den juristischen Datenbanken, in denen das Werk abrufbar ist) wurden die Fehler zwischenzeitlich korrigiert – kann aber eine uneingeschränkte Kaufempfehlung für Praktiker wie Wissenschaftler ausgesprochen werden!
Prof. Dr. jur. Carsten Homann, Wiesbaden

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