ZVI 2019, 401

RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG, Köln RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG, Köln 1619-3741 Zeitschrift für Verbraucher- und Privat-Insolvenzrecht ZVI 2019 EditorialAndreas Rein

Reform des Pfändungsschutzkontos und Bürgernähe

Zum Datum 27. 9. 2019 hat das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Fortentwicklung des Rechts des Pfändungsschutzkontos und zur Änderung von Vorschriften des Pfändungsschutzes (Pfändungsschutzkonto-Fortentwicklungsgesetz – PKoFoG) vorgelegt und den Verbänden zur Stellungnahme übersandt. Genauso sperrig wie der Titel des Gesetzentwurfs ist dessen Gliederung: Während drei Paragrafen (§§ 850k bis 850m ZPO-E) die Einrichtung und Beendigung des Pfändungsschutzkontos, die Pfändung des gemeinsamen Zahlungskontos und die Fortsetzung des Pfändungsschutzes bei Kontenwechsel regeln, verweist § 850n ZPO-E für die Rechtsfolgen auf den Abschnitt 4, also die §§ 899 ff. ZPO-E. Aus zwei Vorschriften zum Pfändungsschutzkonto wurden so im Referentenentwurf insgesamt 16, nicht gerade kurze Vorschriften. Es geht hier wohlgemerkt nicht um eine inhaltliche Kritik an diesen Normen, gerade auch weil der Entwurf z. B. mit der Regelung zur Nachzahlung von Sozialleistungen in § 904 ZPO-E, der vorgesehenen Verlängerung der Übertragung eines nicht verbrauchten Guthabens auf nunmehr drei Monate (§ 899 Abs. 2 ZPO-E) und der geplanten Ausweitung des Aufrechnungsschutzes bei überzogenen Konten gem. § 901 Abs. 1 ZPO-E einige wichtige Forderungen der Praxis erfüllt.
Den Verfasser dieser Zeilen bewegt etwas ganz anderes: Die Übersichtlichkeit des Pfändungsschutzes bei Konten leidet erheblich, wenn einige Grundfragen getrennt von den Rechtsfolgen geregelt werden. Der Hochschullehrer fragt sich dabei, wie er dies Studierenden der Sozialen Arbeit, die immerhin ein vertieftes Interesse an rechtlichen Zusammenhängen mitbringen, nach Inkrafttreten dieser Vorschriften vermitteln soll. Ganz zu schweigen von der Frage, wie dies betroffenen Bürgerinnen und Bürgern von Beraterinnen und Beratern (insbesondere von Schuldnerberatungsstellen) verständlich gemacht werden soll.
Natürlich stellt sich die Frage: Müssen Bürgerinnen und Bürger Gesetze und die ihnen zugrunde liegende Gliederungssystematik überhaupt verstehen können? Jedenfalls ist man beim Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz dieser Meinung, schließlich existiert dort seit 2009 ein „Redaktionsstab Rechtssprache“. Dieser arbeitet sicher nicht in erster Linie für gesetzesanwendende Juristinnen und Juristen. Die Optimierung der Verständlichkeit ist nun Arbeit am Text und umfasst damit weit mehr als die stilistische Verbesserung von Wörtern und Sätzen (Löscher, Die [Un-]Verständlichkeit von Gesetzen – eine Herausforderung für die Gesetzesredaktion, Zeitschrift für Europäische Rechtslinguistik, S. 30, www.zerl.uni-koeln.de). Gemeint ist eben auch die Systematik (Löscher, ebd., S. 30). Und die und damit auch die Verständlichkeit leiden unter einer nicht zusammenhängenden Regelung einer Thematik. Und dies, obwohl es bei der Regelung des Pfändungsschutzes nicht um eine Randerscheinung geht: Immerhin bestanden zum 1. 1. 2015 rund 1,817 Millionen Pfändungsschutzkonten in Deutschland (vgl. die Antwort der Bundesregierung vom 9. 10. 2018 auf die Frage des Abgeordneten Gerhard Schick, BT-Drucks. 19/5155, S. 45). Die jetzt vorgesehene verzweigte Regelung ist jedenfalls nicht aus der Not geboren, denn bei einer Gesamtregelung des Pfändungsschutzkontos in den §§ 899 ff. ZPO hätte noch genug Platz bis § 915 ZPO bestanden, um die Regelungen der §§ 850k ff. ZPO in den neuen Zusammenhang zu überführen. Offensichtlich wollte das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz den lieb gewonnenen § 850k ZPO für das Pfändungsschutzkonto erhalten. Übersichtlichkeit und Verständlichkeit sind dafür aber ein (vielleicht: zu) hoher Preis.
Prof. Dr. Andreas Rein, Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen

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